Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche

                   ISSN 2509-7601   

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  

Abendmahl frei nach Karl Rahners Tipp:                      "Probieren Sie es doch mal aus!"                                                                                                                                       Vor vielen Jahren plauderte ein prominenter Schüler Rahners an einer theologischen Fakultät Folgendes aus: Karl Rahner sei seinerzeit im Rahmen einer Vorlesung gefragt worden, ob es denn möglich sei, Eucharistie ohne Priester und Kirche im üblichen amtlichen Sinne zu feiern, ob denn Jesus da auch wirklich zugegen sein könne. Rahner soll trocken entgegnet haben: "Probieren Sie es doch mal aus!"   

 

Beim Hören dieser Begebenheit wurde mir damals erstmals und allerdings nur ansatzweise bewusst, wie erfrischend Theologen abseits des Kleinkarierten und institutionell Gewachsenen zu denken vermögen. Meine ersten Gedanken waren jedoch: Abendmahl ohne Priester - wie kann Rahner so etwas nur durch seine schelmische Antwort im Ansatz für möglich halten! Heute denke ich vermutlich zwar etwas reifer, habe jedoch immer noch die hochkirchliche Sozialisation in den Knochen. Herz und Bauch sagen mir jedoch mittlerweile: Was für ein Krampf des Menschenwerks - auch angesichts der Fülle zu achtender kirchlich gesammelter Erfahrungen! Die übergeordnete Frage lautet gewiss: Lässt sich Gott determinieren? Eine institutionelle Fragestellung tritt damit gleichwohl hinzu.       

So stellte sich angesichts einer familiären Feier am Gründonnerstagabend folgende Frage: Besuchen wir alle die katholische Messe der Pfarrgemeinde? Die anwesenden Personen waren jeweils zur Hälfte im katholischen und lutherischen Ritus beheimatet. An eine Aufteilung der Gäste während des Kommunionganges war ebensowenig zu denken ("Du musst sitzen bleiben!") wie an einen anschließenden Besuch der das Problem verdrängenden Gemeinde-Agapefeier. Das sind Dinge, die man sich einfach ab einer gewissen Lebenserfahrung und nach wiederholter theologischer Reflexion nicht mehr antun mag, denn es offenbart sich die Gewissheit, dass man sich bei aller Hochachtung eines geschichtlich gewachsenen Depositums doch auch einer ekklesiologischen Makro-Vereinstümelei im Namen Jesu gegenüber sieht. Vertiefende Gedanken à la Niklas Luhmann über selbstreferentielle Systeme wollen wir hier auch gar nicht erst ausführen. 

Der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich brachte unlängst die völlig verfahrene Situation in einem Interview auf den Punkt: "Nach katholischem Verständnis ist nur dann eine gemeinsame Eucharistiefeier mit Kirchen möglich, mit denen eine vollständige Kirchengemeinschaft besteht. Das Abendmahl wäre dann also der absolute Endpunkt der Entwicklung." 

Prof. Dr. Siegfried George aus Wettenberg sei an dieser Stelle ein herzlicher Dank ausgesprochen, da er seine Denkschrift "Katholische Liturgie ohne Priester" hier zur Verfügung stellt. Diese vielbeachtete und profunde Schrift ist hier - mit dem griffigeren Titel "Messe ohne Priester" - nun erstmals im Netz verfügbar. Siegfried George wies als Vorsitzender des Pfarrgemeinderates St. Anna Biebertal und St. Dreifaltigkeit Krofdorf-Gleiberg darauf hin, dass ...  mehr   

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Zum Austritt von Prof. Dr. Dr. Gotthold Hasenhüttl aus der deutschen Kirchensteuergemeinschaft: "Hasenhüttl erhält das endgültige Dekret der Glaubenskongregation zu seiner Suspendierung. Darin wird die Einladung evangelischer Christen und Christinnen zur Eucharistie als „Straftat“ bezeichnet, sowie sein Tun als „schwerwiegender Missbrauch“ des Amtes. Nur wenn er bereue und verspreche, es nie wieder zu tun, würde die Suspendierung aufgehoben."  mehr  

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Aus einer Ansprache zum Thema Ökumene: 

"Ich hatte als kleines Kind eine Zeit lang geglaubt, dass alle Evangelischen blonde Haare hätten. Ein Nachbarsjunge und täglicher Spielkamerad mit Namen Bernd war nämlich blond, und der war evangelisch, das wusste ich. Da war für mich die Welt ganz einfach einzuteilen.

Ich habe dann kurze Zeit später dazugelernt. Heute lebe ich in einer konfessionsverbindenden Ehe. Meine Frau ist evangelisch. Sie hat blonde Haare. Aber Spaß beseite: Jedes Mal, wenn wir gemeinsam die Eucharistiefeier im katholischen Ritus besuchen und das Brot geteilt wird, dann bleibt meine Frau in der Bank sitzen. Das macht mich stets traurig.

Und ich halte die getrennten Altäre nach wie vor für einen Skandal, an den man sich leider zu sehr gewöhnt hat. Dieser Skandal hängt am Tropf von Prägung, Gewohnheit und gewiss auch Macht. Der faszinierende Wanderprediger Jesus von Nazareth hätte sicherlich Eindeutiges dazu gesagt. Vielleicht würde er hier und heute zunächst einmal laut rufen: Frauen an den Altar und Bischöfe an den heimischen Herd! Trotzdem, die Traurigkeit ist da.

Aber was wäre das Christentum ohne Trost? Und was glauben Sie, wo ich diesen Trost wahrgenommen habe? Ja, vor dem Fernseher während einer Live-Übertragung. Folgende Szene spielte sich da ab:

  • Zeitpunkt: 8. April 2005
  • Ort: Petersplatz
  • Handlung: Requiem für den verstorbenen Bischof von Rom Johannes Paul II
  • Handelnde: der damalige Kardinal Joseph Ratzinger als Hauptzelebrant, eine große internationale Trauergemeinde, Geistliche aus aller Welt, unzählige Fernsehteams
  • Höhepunkt der Handlung: meines Erachtens die Kommunionausteilung!

Den geladenen Gästen wird zunächst die Kommunion gereicht. Unter den Gästen befindet sich auch der Gründer der Gemeinschaft zu Taizé, der 89-jährige Frère Roger Schutz. Roger Schutz ist ein evangelisch-reformierter Theologe.

Hier jetzt ein Zitat aus dem Nachrichtenarchiv von Radio Vatikan, ja, Sie hören richtig: Radio Vatikan!

„Entgegen den kirchenrechtlichen Bestimmungen hat Frère Roger Schutz, der Gründer der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, beim Requiem für Johannes Paul II. die Kommunion aus den Händen von Kardinal-Dekan Ratzinger empfangen. Der 89-jährige Schutz ist Protestant, nimmt im französischen Taizé aber bereits seit Jahrzehnten an katholischen Eucharistiefeiern teil. Zu Lebzeiten Johannes Pauls II. erhielt er wiederholt bei Papstmessen im Vatikan die Heilige Kommunion.“ (Radio Vatikan 8.4.2005)

Ich erlaube mir eine unsachliche Frage: Soll meine Frau jetzt warten, bis sie so alt ist wie Roger Schutz und dann stets zur Messe nach Rom fahren? Ich befürchte, dass Benedikt XVI dann nicht mehr leben wird."  (mpk)

                                                                                                                         Kehren wir nun zur konkreten Frage am besagten Gründonnerstag zurück: Da wir so lange nicht warten und zugleich an diesem Gründonnerstag Jesus von Nazareth nahe sein wollten, ohne die Gemeinschaft zu splitten, sind wir zu Hause geblieben, haben gesungen ("Ich lobe meinen Gott"), miteinander gebetet und uns bei folgenden Worten Brot und Wein gereicht:

"Während des Mahls nahm er das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: Nehmt, das ist mein Leib. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, reichte ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. Und er sagte zu ihnen: Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird."  (Mk 14)  

Sind wir Jesus an diesem Abend dicht gefolgt? War Gott durch Jesus Christus im Heiligen Geist gegenwärtig? Zweifel daran dürften wie bei jedem anderen Besuch einer hochkirchlichen Eucharistiefeier aufkommen. Die Frage, ob diese Hausliturgie "gültige Eucharistie" gewesen ist, stellt sich bei genauerem Betrachten eigentlich gar nicht mehr.  (mpk)

                                                                                                                        

                                                                                                                       

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