Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche
ISSN 2509-7601
Vorwort
Es scheint sich in der deutschsprachigen Orgelszene herumzusprechen, dass bei der Redaktion dieses Online-Journals ein Sensorium für die Bewahrung von Kulturgut vorhanden ist. Nicht ohne Hintergrund ist der eher theologisch besetzte Terminus Bewahrung benutzt worden, ohne ihn zugleich überhöhen zu wollen: Es geht um Schöpfung - und diese kann sich zweifelsohne auch auf menschliches Schaffen beziehen, auf Künstlerisches oder Kunsthandwerkliches aus dem Orgelbau allemal. Und dieses unabhängig von der jeweiligen Epoche. (mpk)
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Die Lachmayr-Orgel in St. Florian am Inn
Ein Beitrag von Roger Sohler
Durch Zufall stieß ich über Bekannte im Jänner 2007 an der Orgel von St. Florian am Inn. Schnell konnte ich feststellen, dass die dortige Orgel sowohl klanglich als auch technisch in einem sehr desolaten Zustand ist. Aber es war sofort klar, dass die Orgel unbedingt erhalten werden musste. Die wenigen noch beurteilbaren Register zeugten von einem besonders schönen und edlen Klang. Derzeit bin ich auf der Suche nach Orgelbauern und Orgelsachverständigen, die dieses Projekt unterstützen.
DIE ORGEL
[Bild 1: Prospekt der Orgel während der Bestandsaufnahme]
Disposition der Orgel:
I. Manual C – f’’’ II. Manual C – f’’’ Pedal C –d’
Principal 8’ (Principal 16’) Dunkelflöte 8’ Violon 16’
Filomela 8’ Dolce 8’ Subbaß 16’
Bourdon 8’ Viola 8’ Octavbaß 8’
Salicet 8’ Praestant 4’
Principal 4’ Flöte 4’
Flöte 4’ Quint 2 2/3’
Cornett 2 2/3’ Superoctav 2’
Mixtur 2’
Koppeln:
Ped. Coppel I
Manualcoppel I – II (II/I)
Manuale: mechanische Schleiflade
Pedal: mechanische Hängeventillade
[Bild 2: Spieltisch]
Aus meinem Gutachten vom Jänner 2007:
Die historische Lachmayr Orgel stellt ein besonders wertvolles Werk des Meisters dar. Man darf die Orgel in St. Florian als einen besonderen Glücksfall beizeichnen. Trotz des derzeitigen relativ schlechten Zustandes des Instrumentes ist das Werk bis auf die Prospektpfeifen original erhalten und klanglich nahezu unverändert. Es ist dringend zu empfehlen das Instrument in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen und von einem Neubau abzusehen.
Geschichte der Orgel:
1886 - Vorarbeiten zur neuen Orgel:
Montag den 13. Dezember wurde die alte Orgel zum letzten Mal gespielt und ein Geselle des Herrn Lachmayr begann mit dem Abbau derselben. Am Dienstag den 14. Dezember begannen die Vorarbeiten und am Donnerstag den 16. Dezember wurden die ersten Pfeifen eingesetzt. Die Arbeit ging rasch vor sich, so dass am Dienstag den 21. Dezember auf der neuen Orgel zum 1. Male gespielt wurde. Vollendet wurde dieses Prachtwerk am 24. Dezember.
1918 - Entnahme von Zinnpfeifen zu Kriegszwecken am 12. Februar:
Praestand 4’: 15 Pfeifen, [Anm. C – d0]
Principal 8’: 24 Pfeifen (insgesamt 62 kg), [Anm. G – fis1]
1925 - Im Herbst 1925 wurden dann die herausgenommenen Orgelpfeifen durch Zinkpfeifen wieder ersetzt durch die Firma Gebrüder Mauracher in St. Florian jetzt in Linz. Kosten: 408 Schilling. Dabei wurde entdeckt, dass das Holzwerk der Orgel durch Holzwurm stark gefährdet ist. Mußten infolgedessen Windladen und alles mit Terpentin eingelassen werden, um die Sache einzudämmen. Kosten: 540 Schilling, 60 Groschen. …………
1951 - Rückversetzung der Orgel zur Wand und Reparatur, sowie Einbau eines elektrischen Gebläses durch die Firma Franz Mauracher aus Salzburg: Bei diesen Arbeiten wurde der Magazinbalg aus dem Unterkasten entnommen und gleichzeitig mit dem neuen Motor am Dachboden über der Orgel aufgestellt. Kosten: S 16.148,95. Die von Mauracher vorgeschlagene Dispositionserweiterung um ein Register „Aeoline 4’“ wurde nicht durchgeführt.
1996/1997 - Die Orgel wird vom Bundesdenkmalamt und der OÖ Orgel-kommission zum Abbriss freigegeben. In den folgenden Jahren wird für einen Neubau gesammelt. Unter der Leitung von [Name der Redaktion bekannt] (OÖ Orgelkommission) wird von verschiedenen Orgelbauern ein Offert für einen Neubau erstellt.
2007 - Unter der Führung von Organist Roger Sohler aus Ebensee, der zufällig über Bekannte an die Orgel gekommen ist, wird der Versuch unternommen, die Orgel nun doch zu retten. Eine erste Bestandsaufnahme wird erstellt. Gemeinsam mit Mag. Mathias Krampe – Landeskantor der ev. Landeskirche Österreich werden 2 Gutachten erstellt, die sich um einen Erhalt der Orgel aussprechen. Angebote für eine Restaurierung werden von den Firmen Eisenbarth, Passau und Erler, Schlitters eingeholt. Gemeinsam mit Herrn Prof. Hans – Josef Knaust aus Salzburg wird bei ein Infoabend unter der Führung von [Name der Redaktion bekannt] (OÖ Orgelkommission), der einen Neubau erzielen sollte, die Bevölkerung über den wahren Wert der Orgel informiert. Trotz großer Unterstützung, die [Name der Redaktion bekannt] erfährt (vor allem durch den Kirchenchor), sprechen sich danach viele für eine Restaurierung aus.
2008 - Es wird erneut und der Führung von Roger Sohler Ebensee im Auftrag des Pfarrers von St. Florian der Versuch unternommen, die Orgel zu retten.
In den letzten Jahren ist das Instrument mehrmals von der Firma Eisenbarth aus Passau repariert worden.
Es liegen derzeit mehrere Gutachten vor, die eine Unspielbarkeit der Orgel als Ergebnis haben. Dieser Zustand konnte auch bei der von mir durchgeführten Bestandsaufnahme und Überprüfung der Orgel am 16. Jänner 2007 festgestellt werden. Jedoch bin ich nicht der Auffassung, dass es sich bei dieser Orgel um ein nicht erhaltenswertes Instrument handelt. Die Orgel wurde nach klassischen Bauprinzipien unter Verwendung hochwertiger Materialien erbaut. Aufgrund einer wohl versehentlich zuviel gebauten Prospektpfeife lässt sich auch der originale Pfeifenprospekt wiederherstellen. Bei einer weiteren Begehung der Orgel am 24, Jänner gemeinsam mit Matthias Krampe und OBM Wolfgang Eisenbarth [mit dem ich trotz aller Versuche mir dies zu beweisen nicht zusammenarbeite und der vor allem Aufgrund der Tatsache die Orgel überhaupt die letzten Jahre in einem spielbaren Zustand zu halten hinzugezogen worden ist] konnte festgestellt werden, dass mit Ausnahme des Pfeifenprospektes, Teile der Windversorgung und der statischen Konzeption alles original von Lachmayr ist. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass die Metallpfeifen in einem sehr guten Zustand sind und seitens des Erbauers aus hochwertigen Materialien gefertigt wurde. Derzeit wichtig ist, dass baldmöglichst Sicherungsarbeiten am Instrument vorgenommen werden, um eine weitere Beschädigung verhindern zu können.
Aufstellung des Pfeifenwerkes (schematische Darstellung) mehr
[Bild 3: Blick auf das Manual I.]
Die einzelnen Register im Detail (nach Aufstellung auf der Windlade):
I. Manual C – f3:
Filomela 8’
C – f2 Holz offen
fis2 – f3 Metal konische Bauweise teilweise Stimmschäden.
Salicet 8’
C – f’’’ Metall, Stimrollen – sehr gut erhalten und kaum sichtbare Pfeifenschäden
Bourdon 8’
C – f’’ Holz gedeckt
fis2 – f3 Metall offen, konische Bauweise, zum Teil starke Stimmschäden
Flöte 4’
C – e1 Holz offen
f1 – f3 Metall offen, konische Bauweise
Schäden an der Schleife
Principal 4’
C – gis2 Metall offen, Stimmrollen
Ab a2 Metall auf Länge geschnitten, auch hier Stimmschäden
Cornett 2 2/3’; 3 fach
Metall, zum Teil erhebliche Stimmschäden
Mixtur 2’; 3 fach
Metall, zum Teil erhebliche Stimmschäden
Repetition bei f0, f1 und f2
Principal 8’ (Beschriftung Principal 16’ – tatsächlich aber 8’), 54 Pfeifen
C – FIS Holz gedeckt
G – fis1 Prospekt (Zink – 1925), auffällig ist hierbei der Bruch in der Intonation
g1 – f3 Zinn, Stimmrollen bis f’’’
II. Manual C – f3:
Viola 8’
C – F Holz offen
Fis – f3 Metall
Fis – A fehlen (Pfeifen nicht auffindbar)
Dunkelflöte 8’
C – f2 Holz offen
fis2 – f3 Metall offen
Dolce 8’
C – H Holz
c0 – f3 Metall offen
Flöte 4’
C – f1 Holz offen
Quint 2 2/3’
C – f3 Metall
Superoctav 2’
C – f3 Metall
Praestant 4’
C – d0 Zink Prospekt
dis0 – f3 Zinn
Pedal (Hängeventillade) Original Lachmayr C/CIS Teilung
Subbaß 16’ 27 Holzpfeifen gedeckt
Octavbaß 8’ 27 Holzfeifen offen (mittelenge Men.)
Violon 16’ 27 Holzpfeifen offen, teilweise gekröpft
Der Violon 16’ ist nach hinten gekippt und „lehnt“ an den Pfeifen des Octavbaß 8’
Sowohl Violon 16’ als auch Octavbaß 8’ wurden im Spieltisch stillgelegt. Massiver Wurmbefall sämtlicher Pedalpfeifen. Teilweise wurden die Pfeifen mit einer roten Schutzlackierung versehen.
Im Rahmen einer Restaurierung empfehle ich Ihnen dringend folgende Arbeiten durchführen zu lassen:
- Originale Aufstellung des Orgelwerkes etwa 1 Meter weiter vorne
- Rekonstruktion des Pfeifenprospektes (sofern dies erforderlich; siehe auch im Gutachten von Kollegen Krampe)
- Ergänzung und Restaurierung, sowie Wurmbehandlung des Orgelgehäuses
- Herstellung der originalen Windversorgung, unter Verwendung des alten Balges
- Restaurierung der Metallpfeifen – hierbei muss besonders darauf geachtet werden, dass die offensichtlich originale Intonation Lachmayr erhalten bleibt
- Wurmbehandlung der Holzpfeifen – Entfernung der Schutzlackierung und der teilweise vorhandenen Zeitungsbeklebung; Inwieweit Holzpfeifen ersetzt werden müssen, kann erst eine genaue Bestandsaufnahme im zerlegten Zustand, zum Teil auch erst in der Orgelbauwerkstatt beurteilt werden.
- Wurmbehandlung der Windladen (im zerlegten Zustand)
- Sonst übliche Sanierungsmaßnahmen
Gerne stehe ich weiterhin in beratender Funktion der Pfarre zur Seite. Es gilt erstens ein pfarrinterner Beschluss zu fassen, ob das Instrument restauriert werden soll. In weiterer Folge muss die Orgelkommission OÖ darüber informiert werden. Es sollte auch dringend im Vorfeld nochmals Kontakt zum Denkmalamt aufgenommen werden, um nach heutigen Prinzipien und Überzeugungen das ursprünglich Gut-achten von 1997 zu ergänzen bzw. zu ersetzen.
Gerne kann ich Ihnen Kontakt zu den Firmen herstellen, bzw. auf Wunsch kann ich gerne das Restaurierungsprojekt leiten. Eines muss jedoch momentan auch noch besonders unterstrichen werden. Die Arbeiten an der Orgel sollten möglichst bald begonnen werden. In 10 Jahren wird sich das Instrument wohl nicht mehr retten lassen.
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Zusammenfassung der Besprechung bzgl. Orgel in St. Florian
Seit 1996 wird um einen Neubau gestritten!
Das Gutachten von Herrn Adlberger der OÖ Orgelkommission von 1997 besagt, dass ein Erhalt der Orgel nicht anzustreben ist und eindeutig ein Neubau in Angriff genommen werden soll.
Argumente für den Orgelneubau:
Haupt-Argument: Aus Trabi (Lachmayr) kann kein Mercedes gemacht werden!
- Orgel ist aus Verfallszeit des Orgelbaus
- Orgel ist nicht an den Raum angepasst
- kein geschlossenes Gehäuse
- schlechte Pfeifenqualität wegen Zinkprospekt (Mauracher)
- romantische Klangsprache entspricht weder der gotischen Hülle noch der barocken Ausstattung
- Orgel wurde für einen ganz anderen Raum konzipiert (Kirche wurde mit Fussbodenheizung ausgestattet und dazu um 40 cm. aufgeschüttet)
- Mensuren passen nicht mehr
- 2 armige Traktur – Schwergängigkeit = Nachwuchsfeindlich – sensibles Spiel nicht möglich (Anm.: Aufgrund einiger Hänger sind nicht wenige Ventile härter eingestellt – teilweise sind sogar 2 Federn vorhanden)
- Diese Traktur (GENERELL!) ist zum erlernen des Orgelspiels nicht geeignet (lt. OÖ Lehrplan der Landesmusikschulen)
- Orgel ist ein Trabi
- gute Orgel zieht gute Organisten an
- Haltbarkeit bei einer Restaurierung ist immer eine Frage
- Wurmbefall ist nicht mit 100% Sicherheit zu bekämpfen – alle Holzteile müssen ausgetauscht werden: Holzregister, Gehäuseteile, Windladen, Rasterbretter, usw.
- Neubau versus Restaurierung: Nelson 199.000 Euro Neubau – ohne MWST. inkl. ca. 240.000 €, 180.000 Restaurierung Min. KEIN GROSSER UNTERSCHIED!!
- Ursprüngliche Aufstellung der Orgel: Chor kein Platz
- Finanzierungsplan für Neubau steht bereits!
- NUR die OÖ Orgelkommission ist zuständig!
Vorteile bei Neubau und Orgelneubauverein:
- Fehlbetrag von 25.000 Euro für Neubau
- Verein kümmert sich um Orgelspieldienst
- Im Verein sind Kirchenmusiker (und nur diese sollen entscheiden).
- Vorteil: Demokratie!!!!
Argumente für die Restaurierung (Roger Sohler):
- historisch wertvolles Instrument
- Qualität stimmt zu 100%!
- Steuerung wie bei Neubau (mech. Schleifladenorgel)
- Offenes Gehäuse – typisch für Zeit – Sauer/Steinmayr und CO machten es nicht anders
- Auch Silbermann/Schnitger haben die Zeit überdauert – Restaurierung so kurzlebig?
- Verfallszeit des Orgelbaus? Cavaille – Coll, Walcker, Sauer, Steinmayr etc. ????
- Alle Pfarren im Umkreis bauen neu – St. Florian hat dann noch eine alte erhaltene Orgel
- Norddeutsche Orgel? Wo ist die Beziehung zur Region?
- Wie klingt die Orgel nach Restaurierung/Wie der Neubau?
- 2 armige Traktur – nur wenige Orgeln sind direkt hängend auf beiden Manualen – Domorgeln dürften dann nicht mehr gespielt werden?
- Neue Orgel ist nicht gleich viele (gute) Organisten!
- Auch alte Orgel oder besonders alte Orgel bereichert Orgellandschaft.
- Neubau könnte nie in diesem Klang gebaut werden
- Wurmbefall – es muss nichts entfernt werden – Wurmbehandlung! – Neue Orgel ist auch wurmbehandelt?
- Platz für Chor wird auch bei Restaurierung berücksichtigt und geschaffen
- günstigstes Restaurierungsangebot bei 130.000,- €
Weitere Bilder der Orgel:
[Bild 4: Prospekt beschädigte Schleife]
[Bild 5: Technik]
[Bild 6: Viola 8’]
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DIE LACHMAYR – ORGEL IN DER PFARRE ST. FLORIAN AM INN ERBAUT 1886
Überlegungen zu einer Orgelrettung
R O G E R S O H L E R
Sehr geehrte Damen und Herrn der Pfarre St. Florian am Inn!
Nachdem es für „nicht fachkundige Orgelliebhaber“ immer schwer ist, zu beurteilen, ob ein Instrument etwas wert ist oder nicht, möchte ich Ihnen hier einen kleinen Einblick in die Geschichte des Orgelbaues, vor allem aber in die Geschichte der Orgel von St. Florian am Inn geben, was vor allem zu einem besseren Verständnis führen soll.
Kurzgeschichte des Orgelbaus
Um die Bedeutung der Orgel von St. Florian zu verstehen ist es wichtig, zuerst einmal einen Blick auf die Geschichte des Orgelbaus zu werfen. Auch wenn die Orgel auf eine mittlerweile lange Tradition zurückschaut (mehr als 2000 Jahre), so hielt sie erst im 10. Jahrhundert nach Christus Einzug in die Kirche. Obwohl das Instrument ständig weiter entwickelt worden ist, so kam es zu ersten großen Veränderungen erst im 16. und 17. Jahrhundert, vor allem aber dann im 18. und 19. Jahrhundert.
Mit Veränderungen im Orgelbau wurde auch immer die Tradition der Komponisten beeinflusst. Vergleicht man die großen Orgeln des späten 17. Jahrhunderts mit Instrumenten des angehenden 18. Jahrhunderts, so sind hier klare Unterschiede vor allem in der klanglichen Konzeption fest zu stellen.
Bereits gegen 1750 begann man dann auch technische Veränderungen vor zu nehmen. So baute Joh. Andreas Stein in der Barfüßerkirche zu Augsburg (1755-57) eine Orgel, deren Pedal-Windladen bereits Registerkanzellen (ähnlich der Hänge-ventillade – wie dies auch St. Florian hat) enthielten. Die Gabler Orgel in Weingarten – fertig gestellt 1750 hat als typische Barockorgel durchaus auch schon klangliche Aspekte der Romantik. So finden wir hier unzählige 8 Fuß Register und Streicher (auch in 4 Fuß Lage). Kritiker bezeichnen die Orgel immer wieder als zu leise – Befürworter sehen aber gerade in diesem Umstand die edle Qualität der Orgel.
Umso mehr wir ins 19. Jahrhundert schauen, desto mehr prägt sich der Typus der romantischen Orgel, welcher dann besonders gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem durch technische Erneurungen geprägt war. Die aufkommende Pneumatik setzte dann schließlich neue Akzente im Orgelbau. Vor allem konnten jetzt Orgeln in nahezu unbegrenzter Größe gebaut werden. Bei einer mechanischen Schleifladen Orgel (wie St. Florian ist) sind hier Systembedingt einfach Grenzen gesetzt.
Durch die aufkommende Orgelreform im 20. Jahrhundert kam dann die große Besinnung auf die Barockorgeln. Hat die Romantik viele vermutlich auch historisch wertvolle Orgeln auf dem Gewissen, wurde nun immer aggressiver der Erhalt von Barockorgeln erwirkt. In bestehende romantische Orgeln wurde oft massiv eingegriffen um sie mehr dem klanglichen Geschmack der Zeit an zu passen. Das Resultat dieser Bewegung hatte allerdings leider oft nur sehr wenig mit dem eigentlichen Klang einer barocken Orgel zu tun. Nach dem 2. Weltkrieg wurde dann ein regelrechter Kahlschlag der romantischen Orgeln als Kennzeichnung der Orgelbewegung betrieben, unter den damals bestehenden Erkenntnissen wuchsen barock orientierte Orgeln wie Schwammerln aus dem Boden. Trotz der Besinnung auf die mechanische Schleiflade, wurde bis in späten 60er immer wieder auch auf die elektropneumatische Kegellade zurück gegriffen. Ab Anfang der 80er setzte dann erneut Umdenken ein. Europa entdeckte die großen romantischen Orgeln Frankreichs und ein neuer Trend entstand. Viele Orgeln der Orgelbewegungen machten Platz für eine französisch romantische Orgel, allerdings nur wenige können im Vergleich zu einer originalen französisch – romantischen Orgel überzeugen. Die Möglichkeit nun auch wieder romantische Musik adäquat zu spielen, brachte auch wieder größeres Interesse in Bezug auf die umfangreiche Literatur der deutschen Romantik. Schnell wuchs das Interesse sich wieder mehr mit Orgeln der deutschen Romantik zu beschäftigen. Was noch vor 10 Jahren abgerissen worden wäre, wird heute wieder erhalten. Nur wenige romantische Orgeln haben die Wirren der letzten 100 Jahre und die verschiedenen Zeitgeschmäcker überlebt. St. Florian darf damit als eines der wenigen mechanischen Instrumente der Zeit angesehen werden, die nahezu unverändert noch existieren.
Der Orgelbauer Johann Lachmayr
Bei meinem Versuch mehr über das Leben des Orgelbauers Johann Lachmayr zu erfahren (über den Weg des World Wide Web) erhielt ich nur wenige Informa-tionen.
Geboren wurde er am 14.03.1850 in Kremsmünster und er verstarb am 28.05.1915 in Linz – Urfahr. Lachmayr dürfte allerdings entgegen anderer Behauptungen ein sehr bedeutender Orgelbauer seiner Zeit gewesen sein. Von den wenigen noch erhaltenen Orgeln lassen sich rund 80 Neu- und Umbauten des Meisters belegen. Der wohl umstrittenste Umbau war die Erweiterung der Putz/Egedacher Orgel im Stift Schlägel 1904. Dem Zeitgeschmack üblich konnte sich diese Erweiterung allerdings nur bis 1948 halten, wo dann diese Erweiterung revidiert und entfernt wurde. Lachmayr spielte aber eine bedeutende Rolle bei verschiedenen Neubauten. Offensichtlich hatte er das Wohlwollen der damaligen Organisten und Orgelsachverständigen, beziehungsweise dürften sich seine Orgeln auch besonders nach dem klanglichen Empfinden der Zeit gerichtet haben. Lachmayrs Bedeutung wird wohl am besten an der Tatsache gemessen werden können, dass er 1887, also vermutlich die Nachfolgeorgel von St. Florian am Inn, im Neuen – soweit bis dahin schon fertig gestellten Dom in Linz die dort erste belegbare Domorgel erbaute. Die Orgel mit rund 50 Registern verteilt auf 3 Manualen und Pedal ist bis heute im Mariendom in Linz erhalten, wird aber nicht mehr genützt. Die Tatsache dass Lachmayr in Linz weitere Orgeln erbaute, nämlich: 1890 eine kleine Orgel (6/I) für die Karmeliter/Langgasse, 1909 für die Herz Jesu Kirche (27/II) und 1910 für das Priesterseminar (9/I), lässt nicht unbedingt auf eine schlechte Qualität der Domorgel schließen.
[Bild 1: Lachmayr Orgel – Dom Linz]
Die Bedeutung der Orgel in St. Florian am Inn
Wohl auch mit dem Bau der neuen Domorgel in Linz einhergehend, stellt St. Florian am Inn Lachmayrs erstes nennenswertes (erhaltenes und belegbares) größeres Instrument dar. Es ist anzunehmen dass Lachmayr sich damals durchaus mit der Orgellandschaft in Linz vertraut machte, zumal die Orgel in St. Florian einige Parallelen der bis heute bestehenden Ehrlich (1876) Orgel der Ursulinenkirche in Linz aufweist. Es bleibt zu vermuten dass sich Lachmayr mit der Orgel in St. Florian am Inn profilieren musste, ehe er die Domorgel baute. Die irrtümliche Bezeichnung eines Principal 16’ in St. Florian könnte auch daher rühren, dass Lachmayr versehentlich ein Beschriftungsschildchen der Domorgel verwendete.
Schaut man sich die Ehrlich Orgel im Vergleich an, so fällt einmal zuerst das Baukonzept auf: Die Manuale sind mit einer mechanischen Schleiflade ausgestattet, das Pedal mit einer mechanischen Hängeventillade. Sowohl die Orgel in St. Florian als auch die Orgel der Ursulinenkirche verfügen über 18 Register.
Die Disposition der Orgel
Vergleicht man verschiedene Orgeln Lachmayrs mit der Ehrlich Orgel, dann sind hier durchaus Ähnlichkeiten zu finden, obwohl Lachmayr seiner Konzeption treu bleibt. Diese Vermutung wird dadurch bestärkt, dass Lachmayr bei den wenigen erhaltenen Orgeln keine Quint 2 2/3’ nach St. Florian mehr baute (soweit meine Informationen hierzu richtig sind).
Hier ein Vergleich der Ehrlich Orgel in der Ursulinenkirche, der Lachmayr Orgel in St. Florian und der Lachmayr Orgel in Hallstatt. In Klammer steht die Werkverteilung.
Dispositionsvergleiche mehr
Die Bestandsaufnahme im Jänner 2007
Gutachten, die von 1997 vom Bundesdenkmalamt und der OÖ Orgelkommission vorliegen, besagen, dass es sich bei der Lachmayr Orgel in St. Florian um keine erhaltenswerte Orgel handelt. Nun, Papier ist ja bekanntlich geduldig, daher habe ich selber eine umfangreiche Bestandsaufnahme der Orgel durchgeführt.
Der Spieltisch
Abgesehen von den Gebrauchsspuren von immerhin mehr als 120 Jahren und dem Wurmbefall, befindet sich der Spieltisch in einem sehr guten Zustand.
[Bild 2 & 3: Detailarbeiten am Spieltisch]
Liebevolle Detailschnitzereien zeugen von hoher Qualität. Arbeiten die heute nur mehr selten in dieser Qualität abgeliefert werden.
[Bild 4: Seltener Einblick – Die Spielmechanik im Spieltisch mit Pedalkoppel]
[Bild 5 & 6: Blick auf die Registerzüge]
Der Prospekt
[Bild 7: Prospektdetail mit Blick auf die Laden]
Die Mechanik
[Bild 8: Blick auf die Mechanik des Pedals]
[Bild 9: Blick auf die Pedalmechanik und Teile der Registersteuerung]
[Bild 10: Blick auf die Mechanik der Manuale (Wellenbrett)]
[Bild 11: Detailansicht von Filomele 8’ (I)]
[Bild 12: Pfeifen mit Stimmrollen]
[Bild 13: Pfeifenfüße]
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R o g e r S o h l e r wurde am 7. April 1982 in Bregenz/Vorarlberg geboren. Nach erstem Klavier-unterricht im Alter von 6 Jahren begann er bereits mit 8 Orgel zu spielen. Besonders prägend war seine Studienzeit in Salzburg bei Hans–Josef Knaust und Bernhard Gfrerer. Sohler, der seit 1996 aktiv Konzerte gibt, kann mittlerweile auf mehr als 80 Konzerte in Österreich, Deutschland und Italien zurückblicken.
Nachdem sich er sich lange Zeit besonders mit der Musik von Johann Sebastian Bach und der französischen Orgelromantik beschäftigt hat, geht er heute ganz andere Wege. Besonderen Schwerpunkte legt Sohler auf weniger bekannte Komponisten aus der deutschen Orgelromantik.
Seiner Liebe zur alten Musik und der französischen Romantik bleibt er natürlich weiter treu, wobei er auch hier sein Ziel mit der Aufführung eher unbekannterer Werke versucht auszubauen.
Kontakt zur Initiative: orgelprojekt (...) gmx (...) at