Journal für Orgel, Musica Sacra und Kirche
ISSN 2509-7601
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Unglaubliche YouTube-Zensur ohne Begründung: Nur 18+
Der Clip wurde am 23.10.2020 durch YouTube mit einer Altersbeschränkung versehen. Er soll gemeldet worden sein und entspreche nicht den Richtlinien. Man könne sich jedoch beschweren. Das habe ich am 24.10.2020 getan:
"Hallo, den Grund für die Altersbeschränkung kann ich nicht nachvollziehen. Ist es vielleicht "fucking bullshit"? Gibt's wohl ziemlich häufig bei YouTube. Oder das Zitat eines Kirchenliedes des Reformators Martin Luther "Ein feste Burg ..."? Das wäre sehr lustig. Was soll ich ändern? Etwas irritiert grüßt ob des nun wirklich harmlosen Clips Ihr User Matthias P. Kleine"
Rezeptiv überforderte YouTube-Mitarbeiter? - "Kein Verstoß gegen die Richtlinien, aber nicht für jedes Publikum geeignet"
Die Textbaustein-Reaktion YouTubes sah am 03.11.2020 so aus: "Hallo Orgeljournal, vielen Dank für das Einreichen deiner Videobeschwerde bei YouTube. Nach eingehender Prüfung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass dein Video nicht für jedes Publikum geeignet ist. Ein Verstoß gegen die Community-Richtlinien liegt allerdings nicht vor. Deshalb haben wir dein Video mit einer Altersbeschränkung versehen."
Eine weitere Nachfrage meinerseits ist technisch unmöglich. Es erscheint die Bemerkung "Beschwerde abgelehnt". Ich vermisse eine Angabe von nachvollziehbaren Gründen und gehe davon aus, dass man bei YT mit dem Luthertext sprachlich und historisch schlichtweg überfordert war. (mpk)
Hinweis: Nachfolgend der eigentliche Text nebst frei zugänglichem Clip, der in seiner satirischen Harmlosigkeit kaum zu übertreffen ist. Alternativ kann man auch das folgende Foto anklicken.
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Am 31. Oktober ist Reformationstag und am 1. November Allerheiligen. Es wirkt angesichts des unreflektierten Kürbiskultes mittlerweile hoffnungslos, darauf aufmerksam zu machen.
Der gesteuerte, inhaltsleere und millionenschwere Kommerz zu Halloween ist wahrlich zum Gruseln. Doch er hat etwas nachhaltig Gutes: Er finanziert u.a. die BMW-Leasingraten von Zahnärzten.
Dass aber Dr. Martin Luther und seine Community von einem mittelbar mit der vorreformatorischen und daraufhin katholischen Heiligenverehrung in Verbindung gebrachten Event (All Hallows’ Eve) verdrängt werden, mag aufhorchen lassen. Die postmortale Rotationsskoliose Dr. Luthers ist insofern zu befürchten.
In allem ist es auch zweckfrei, hier Bildung (also das, was übrig bleibt, wenn man alles Gelernte vergessen hat) walten zu lassen. Wer mag sich schon mit der quinta essentia eines ursprünglich reformieren wollenden Ansinnens oder der communio sanctorum auseinandersetzen, wenn er auf der Entwicklungsstufe des Vorpubertären andere lediglich erschrecken möchte.
Man mag bereits beruhigt sein, wenn auf diesem trivialen Terrain geistiger Dürre ein tatsächlicher Glaube an okkulte Mächte überwunden zu sein scheint. Angesichts der zu unterstellenden Gewinnerzielungsabsicht von Halloween-Merkantilisten sind jedoch verbraucherseits gewisse Zweifel daran angebracht.
Wir stellen summa summarum fest:
Bullshit hat (im Gegensatz zur Lüge) keinerlei Interesse an der Wahrhaftigheit. Auch deshalb sind dialektische Erörterungen wie diese hier völlig sinnfrei und somit per definitionem überflüssig. In einem ambivalenten Spannungsverhältnis aus Ärgernis und Humor entstand dieser metaphorische YouTube-Clip. Vielleicht mag er zum Synapsieren anregen. (mpk)
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Literaturempfehlung
Harry G. Frankfurt, Bullshit, Frankfurt a. M. 2006 (47 Seiten; z. Zt. 5,- €)
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Liedempfehlung
Ein feste Burg ist unser Gott,
ein gute Wehr und Waffen.Er hilft uns frei aus aller Not,
die uns jetzt hat betroffen.
Der alt böse Feind
mit Ernst er’s jetzt meint,
groß Macht und viel List
sein grausam Rüstung ist,
auf Erd ist nicht seinsgleichen.
Martin Luther